Selbstkletternder Kran benötigt Kameras

Der niederländische Windkraftanlagenhersteller Lagerwey entwickelte den weltweit ersten selbstkletternden Kran. Gesteuert wird er vom Boden aus, über einen Laptop. Dabei spielen 14 FAMOS-Kompaktkameras von Orlaco eine zentrale Rolle.

Im windreichen Eemshaven ragt Ende 2017 der erste Teil einer L136-Windkraftanlage in den blauen Himmel. Mit 2 Metern pro Minute klettert eine Kranvorrichtung auf rund 60 Meter Höhe der Konstruktion, die künftig die höchste niederländische Windkraftanlage (Achshöhe 132 m, Spitzenhöhe 200 m) an Land sein wird. Dazu werden Kletterzylinder verwendet, die sich an Befestigungspunkten an der Außenseite des Masts festklammern.

Überwachung per drahtlose Verbindung
Und wo ist der Kranführer? Der befindet sich einfach am Boden in einem Bauwagen oder kann sogar herumlaufen. Mit einer Bedienkonsole in der Hand dirigiert er den Kran nach oben. Dabei wirft der Kranführer von Lagerwey immer einen Blick auf seinen Laptop, wo über eine drahtlose Verbindung die Bilder der Kameras am Kran angezeigt werden.

Windensicht, Lastsicht und Kamerabilder von Klettergruppen
Insgesamt werden 14 Kameras eingesetzt. Dies bedeutet vier pro Klettergruppe, damit der Bediener optimal sehen kann, ob sich ein Zylinder ordnungsgemäß am Mast festklammert. Dazu kommen eine Kamera, mit der die Winde überwacht wird, und eine Kamera an der Spitze des Auslegers für Sicht auf die Hublast, wenn sich der Kran in Position befindet. Dank einer Reihe von Voreinstellungen kann der Bediener im Handumdrehen zwischen Kamerabildern umschalten oder Bilder aus mehreren Winkeln auf den Schirm zaubern.

Vollständig abhängig von der Kamerasicht unter allen Bedingungen
„Die Bilder spielen eine entscheidende Rolle. Vom Boden aus hört, sieht und spürt man nichts und muss sich daher vollkommen auf die Bildschirmanzeige verlassen. Daher müssen die Bilder unter allen Bedingungen in Echtzeit und gestochen scharf sein. Bei grellem Sonnenlicht oder schwachem Licht, aber auch wenn es regnet, schneit oder stürmt. Das konnte Orlaco mit seinen Kameras realisieren“, berichtet Co Kevelam, Lead Manufacturing Engineer von Lagerwey.

Schneller und sicherer heben dank besserer Sicht
Ohne Kamerabild wird nicht geklettert. Aber es gibt noch mehr Vorteile. So kann Lagerwey beispielsweise durch die optimale Sicht nun enger am Limit arbeiten. „Angenommen, Sie möchten die Nabe, d. h. das Herzstück des Rotors, nach oben heben. Diese Nabe wiegt 50 Tonnen und darf den Mast absolut nicht berühren. Mit einem herkömmlichen Kran halten Sie daher einen großzügigen Abstand ein und prüfen immer, ob alles in Ordnung ist. Dank der Kamerabilder können wir schneller und sicherer heben.“

Sichtlösungen nach Maß
Kevelam ist Lead Manufacturing Engineer von Lagerwey und hat wesentlich zur Entwicklung des selbstkletternden Krans und zur Implementierung der Kameras beigetragen. Dabei unterhielt er engen Kontakt zu Orlaco. „Mir gefallen die Can-Do-Mentalität, das Mitdenken und die Maßarbeit von Orlaco. Beispielsweise sind zwischen dem Kran und dem Mast der Windkraftanlage nur wenige Dezimeter. Daher schlug Orlaco eine Kamera mit kleinem Öffnungswinkel und breitem Bild vor. Anschließend haben sie für uns getestet, ob diese Kamera auch gegen einen weißen Mast eine optimale Sicht bietet“, erklärt Kevelam.

Größere Windkraftanlagen als Herausforderung für den Kran
Mittlerweile dreht sich die Windkraftanlage im Eemshaven mit voller Kraft. Lagerwey arbeitet derweil an der Zertifizierung des Kletterkrans. Dieses Jahr muss der Kran vollkommen eigenständig einsetzbar sein. Damit hat Lagerwey einen starken Trumpf in der Hand, denn Windkraftanlagen werden immer größer und höher. Entsprechend sind auch größere Krane erforderlich, von denen es in Europa nur wenige gibt. „Ein solcher Kran wird auf mindestens 50 Aufliegern angeliefert, der Aufbau dauert mehrere Wochen und es wird eine Baustelle von rund 3.000 m2 benötigt. Dadurch entstehen hohe Baukosten und Einschränkungen bei der Planung“, erläutert Kevelam.

Vorteile des selbstkletternden Krans mit Kamerasicht
Durch einen Kran, der mit dem Mast „mitklettert“, werden diese Probleme gelöst. Die innovative Ausführung von Lagerwey passt auf 3 Auflieger, ist in einem halben Tag einsatzbereit und erfordert eine Baustelle von nur 350 m2. Weil der Kran relativ leicht ist und den Boden selbst nicht belastet, kann er auch an schwer zugänglichen Orten wie Deichen, Wäldern und sumpfigem oder hügeligem Gelände eingesetzt werden.

Sichtlösungen von Orlaco für herkömmliche Krane
All das ist einer musterhaften Zusammenarbeit in Barneveld zu verdanken, wo die beiden innovativen Unternehmen ihren Sitz haben. Orlaco bietet außerdem Sichtlösungen für herkömmliche Krane, z. B. Teleskopkrane, Raupenkrane und Turmkrane. Diese Kameramonitorsysteme liefern dem Kranführer unter allen Bedingungen eine optimale Sicht auf die toten Winkel rund um den Kran, den Hebehaken und die Last.